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Nicht Ekkehard I. von St. Gallen —

ein Mönch des Klosters Weißenburg ist der Dichter des Walthariliedes

Innerhalb der literarischen Überlieferung, die uns das deutsche Mittelalter hinterlassen hat, nimmt das Heldenepos von Walther und Hildegunde eine besondere Stellung ein. Durch das ganze Mittelalter wurde der siegreiche Kampf der Westgoten gegen die Rheinfranken zur Zeit der Völkerwanderung besungen. Das Waltharilied führt uns so recht in den Geist altgermanischer Heldenzeit zurück. Das Epos von Walther von Aquitanien ist uns in seiner vollständigsten und ältesten Form in der lateinischen Dichtung „Waltharii poesis" überliefert und umfaßt beinahe 1500 Versfüße des Hexameters. Die auf uns gekommenenHandschriften aus dem 11.—16. Jahrhundert entstammen den verschiedensten Gegenden und sind alle in Klöstern angefertigt. Die schönste Walthari-Handschrift, die in der Mitte des 12. Jahrhunderts geschrieben wurde und aus dem Kloster Reichenau in die Markgräflich Baden-Badensche Bibliothek gekommen ist, befindet sich in einem Sammelband der Landesbibliothek Karlsruhe.

Lange Zeit wurde einmütig als Verfasser des „Waltharii poesis" ein Mönch, Ekkehard I. von St. Gallen, und als Entstehungszeit das Jahr 930 anerkannt. Die bisherige Auffassung über das Waltharilied ist aber durch die neuesten Forschungen ins Wanken geraten. Heute steht die Forschung auf dem Standpunkt, daß des Dichters Aufenthalt nicht in St. Gallen, sondern auf der linken Seite des Oberrheines zu suchen ist und Ekkehard I. als Verfasser nicht mehr in Frage kommt.

Der Walthariforscher Friedrich Panzer, Professor der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg, hat schon im Jahre 1935 in seinen Waltharistudien nachgewiesen, daß die Personennamen des Walthariliedes, soweit sie dem germanischen Bereich angehören, im fränkischen Raum zu Hause sind und der Dichter des Waltharius sein Leben in einem fränkischen Benediktinerkloster unweit des Wasgenwaldes verbrachte und einem Geschlechte dieser Gegend entstammt.

Auch die Entstehungszeit des „Waltharii poesis" wurde durch die neuestenForschungen überholt. Wenn das Epos nicht von Ekkehard I. stammt, so fallt die einzige Stütze für die Zeit um 930 weg. Heute ist man allgemein der Ansicht, daß das Gedicht älter als bisher angenommen ist und in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts geschrieben wurde. Einmütig nimmt man auch an, daß der ausführliche lateinische Text auf ein kürzeres germanisches Heldenlied zurück geht.

Der Dichter des Walthariliedes ist ein Mönch des Klosters Weißenburg, dasim 7. Jahrhundert von dem Merowingerkönig Dagobert gegründet worden ist. Nach dem Codex des Klosters Weißenburg „Traditiones possessionesque Wizzenburgenses" wurde diesem Kloster während der Regierungszeit von Kaiser Karl dem Großen im Jahre 788 ein Waldgebiet am „W a s s e n s t e i n e" geschenkt. Im Jahre 846 machte ein gewisser Eto diesem Kloster ein weiteres Waldgebiet in derselben Gegend, nämlich „lutilinhard et sconinberg et wasanbuhi l", Lützelhardt, Schöneck und Wasgenstein zum Vermächtnis.

Unweit des Maimont mit seinem Ringwall aus der Keltenzeit und der heidnischen Opferschale gründeten die Mönche von Weißenburg eine Siedlung, der sie nach ihrem Schutzpatron St. Peter den Namen Peterlingen gaben. Hier am Maimont und Wasgenstein erfuhren sie von einem alten germanischen Heldenlied, das dem Dichtermönch von Weißenburg für seinen Waltharius zum Vorbild diente.In derselben Zeit (9. Jh.) lebte auch Otfried von Weißenburg, der „monachus Wizzenburgenses", in diesem Kloster. Er war der erste bekannte deutsche Dichter, der um das Jahr 860 sein Evangelienbuch, den „Christ" in fränkischer Sprachegeschrieben und nach dem Vorbild der lateinischen Kirchenhymnen den Endreim in die deutsche Literatur eingeführt hat.


Vor 1500 Jahren

Den kürzesten Inhalt des Walthariliedes gibt uns die l. Strophe einer mittel-hochdeutschen Übersetzung wieder:


Diz liet ein altez maere in niuwer wise seit;

wie Walther von den Hiunen mit Hildegunde reit,

und wie im Wasgenwalde er sluoc die Günthers man,

und vride unde soune sin ellenhaftiu hant gewan.


Es würde zu weit führen, die ausführliche Waltharisage folgen zu lassen, eine kurze Inhaltsangabe soll genügen.

Zur Zeit der Völkerwanderung vor 1500 Jahren zog der Hunnenkönig Attila mit seinem wilden Heere nach Westen über den Rhein und eroberte ohne Schwertstreich das Reich der Franken am Rhein, das Reich der Burgunder und das Reich der Westgoten, Aquitanien. Der Frankenkönig Gibich von Worms, König Herrich von Burgund sowie König Alpher von Aquitanien unterwarfensich freiwillig und übergaben kostbare Geschenke, um der Verwüstung ihrer Länder zu entgehen.

Beim Rückzug Attilas mußten ihm die drei Könige durch Eid geloben, jährlich durch Boten als Tribut kostbare Schätze, Gold und Edelsteine in das Hunnenland zu senden. Als Unterpfand verlangte Attila eines ihrer Kinder als Geisel. So zogen der Königssohn Walther von Aquitanien und die Königstochter Hildegunde von Burgund, die nach damaliger Sitte von ihren Eltern anverlobt waren, mit Attila in die Fremde. Da aber Günther, das Söhnlein von König Gibich in Worms, noch in den Windeln lag, mußte der junge Hagen aus vornehmen Geschlechte an seiner Stelle in das Hunnenland ziehen.

Walther und Hagen wuchsen in der Verbannung zu Jünglingen heran und wurden Führer im hunnischen Heer, während Hildegunde bei Königin Ospirin im Königsschloß zur Jungfrau erblühte. Da drang nach Jahren die Kunde an Attilas Königshof, daß in Worms König Gibich allzufrüh verstorben war und der junge Günther den Königsthron bestiegen hatte. Da Günther sich weigerte, weiterhin Tribut zu zahlen, flüchtete Hagen nach Worms zurück. Bald danach gelang auch Walther und Hildegunde die Flucht. Sie wanderten die Donau aufwärts und erreichten nach 40 Tagen südlich von Worms den Rhein, kehrten aber nicht bei ihrem Jugendfreund Hagen am Königshof in Worms ein, sondern ließen sich in der Dämmerung von einem Fährmann, den sie mit Fischen entlohnten, über den Rhein setzen. Walther, noch immer in voller Rüstung, zog mit Hildegunde und dem Leu aus dem Hunnenlande auf dem alten Römerweg nach Westen dem Wasgenwald entgegen. Durch den Fährmann erfuhren Günther und Hagen von der Flucht Walthers und Hildegundes. Während Hagen darüber erfreut war, verfolgte König Günther mit 12 Recken die beiden Flüchtlinge, um Walther die Schätze und Hildegunde zu rauben. Um einen Kampf des beutegierigen Königs mit Walther zu verhindern, ritt auch Hagen mit den Verfolgern Walther entgegen.

Walther und Hildegunde erreichten inzwischen im Wasgenwald an der Grenze des Frankenreiches den schützenden Ringwall auf dem Bergmassiv des Maimont.

Hier im Wasgenwalde kam es zu zwei schweren Kämpfen, aus denen Walther als Sieger hervorging. Am ersten Kampftag mußte Walther allein gegen die Übermacht von elf Recken des Königs Günther kämpfen, die alle, von Waltherbesiegt, am Abend tot an der Kampfstätte lagen. Nur Günther und Hagen überlebten den Kampf.

In dem Entscheidungskampf, der am folgenden Tag beim heutigen Waltherstein auf freiem Felde zwischen Walther, Günther und Hagen stattfand, verlor König Günther ein Bein, Hagen das rechte Auge und Walther die rechte Hand. Am Lagerfeuer am Wasgenstein versöhnten sich die drei Helden und Walther und Hagen erneuerten ihren Freundschaftsbund. Ohne Schätze und Hildegunde kehrten Günther und Hagen geschlagen nach Worms zurück. Walther und Hildegunde aber erreichten glücklich wieder ihre Heimat und nach der Hochzeit herrschte Walther noch viele Jahre über zwei Reiche als König.


Beim Wandern in den sagenhaften Wäldern des Wasgaus kann man sich gewahr sein, dass man stets auf den Spuren des Heldenepos wandelt.

So auch auf dem Deutsch-Französischen Burgenweg und dem Felsenland Sagenweg.

Aus dem Bericht "Das Waltharilied, ein Heldenepos des Wasgaus" von Karl Unold, Dorfschullehrer und Heimatfoscher aus dem Heimatkalender 1982.




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